Die Potenziale künstlicher Intelligenz sind beeindruckend. Alles gut also – wenn da nicht der enorme Energiehunger der selbstlernenden neuronalen Netze wäre ...
Jeder Prompt, den wir an ein System wie ChatGPT richten, verbraucht Energie. „Generative AI“ verbraucht dabei bis zu zehnmal mehr Strom als konventionelle Software-Anwendungen. Microsoft hat seit 2020 eine Steigerung der durch Rechenzentren bedingten CO2-Emissionen von 30 % verzeichnet, Google sogar einen Anstieg von 50 % seit 2019 – eine Entwicklung, die auch auf das Konto der neuen KI-Plattformen geht. Der Stromhunger motiviert Big Player wie Amazon, Facebook, Google und Microsoft derzeit dazu, Konzepte für die Nutzung von Nuklearenergie für ihre Rechenzentren durchzuspielen.
Solche Szenarien sind für Deutschland aktuell noch kein Thema. Hier stellt sich eher die Frage, wie wir den großen Appetit der Rechenzentren mit unseren Dekarbonisierungsplänen in Einklang bringen. Konkret: Wie bringen wir die Hungrigen dahin, wo das (nachhaltige) Essen zubereitet wird? In den letzten Jahren haben verschiedene Akteure auf diese Frage ebenso plausible wie innovative Antworten gefunden: Unternehmen wie windCORES, windCLOUD und aixit bieten Collocation- und Cloud-Lösungen, die die Server-Racks nah an die Windstrom-Produktion heranrücken – mitunter sogar in Form von kleinskalierten Lösungen direkt in die Windmasten integriert. Die regionale Konzentration der Windenergieproduktion im Norden und Nordosten Deutschlands legt es natürlich nahe, auch bei der großmaßstäblichen Allokation von Rechenzentrums-Power (bis zu Hyperscalern) über räumliche Kopplung von Erzeuger und Verbraucher nachzudenken.
Bei der Standortsuche für neue Anlagen auf die Nähe zu Windparks in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zu fokussieren, macht abgesehen vom lokalen Angebot an klimafreundlicher Energie auch aus anderen Gründen Sinn: Die Nähe zu den Onshore-Anbindungen der transkontinentalen Glasfaserkabel, bessere Verfügbarkeit von Flächen, weniger Nutzungskonflikte, die Entlastung der neuen überregionalen Hochspannungsübertragungstrassen, unproblematischere Topografie und Entwicklungsimpulse für eher strukturschwache Regionen. Kurzum: Der Norden und Nordosten der Republik hätte das Potenzial, sich zur deutschen KI Powerhub-Region zu entwickeln. Sicher keine leichte Herausforderung, Standortsuche für Rechenzentren bleibt ein anspruchsvolles Arbeitsfeld. Eine Vielzahl von technischen, planerischen, kommunikativen und rechtlichen Aspekten sind gleichzeitig zu berücksichtigen. Aber angesichts der vielversprechenden Perspektive, zwei der ganz großen Zukunftspotenziale – künstliche Intelligenz und Dekarbonisierung – synergetisch zu verknüpfen, lohnt die Anstrengung.