Einen solchen Veränderungsdruck haben wir als langjähriger Berater und Planer für Finanzdienstleister schon lange nicht mehr gespürt. Um dem enormen Interesse nach nachhaltigen Finanzprodukten gerecht zu werden und um auf die aktuellen und sich abzeichnenden gesetzlichen Regelungen zu reagieren, schaltet die Bankenbranche im Nachhaltigkeitsanspruch ihrer Unternehmensstrategien gleich zwei Gänge hoch. Konkret richtet der Sektor seine langfristige Planung an dem Ziel der EU „Klimaneutralität vor 2050“ aus. Daneben ergänzen die meisten Banken ihre Strategien mit den für sie relevanten SDGs der Vereinten Nationen, den „Principles for responsible Investment“ und den 10 Zielen des UN Global Compact. Die SDGs und Co. dienen im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategien als Handlungsmaxime. Unser Eindruck ist, dass die Banken mit dieser weitsichtigen Aufstellung vielen anderen Branchen deutlich voraus sind.
Läuft also alles rund und in die richtige Richtung? Prinzipiell ja, aber die Herausforderungen liegen natürlich im Detail. Es geht beispielsweise darum, zu verhindern, dass sich Vermögenswerte in den Bilanzen zu „Stranded Assets“ entwickeln. So werden Vermögenswerte bezeichnet, die aufgrund unerwarteter Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorzeitige Verluste verursachen, z.B. da sie regulatorische Klimaschutzanforderungen oder Markterwartungen nicht ausreichend erfüllen. Gerade nachhaltige Finanzprodukte wie Sustainability Linked Loans oder grüne Anleihen können helfen, das Risiko solcher unangenehmen Entwicklungen zu minimieren und die Sekundärmarktfähigkeit betroffener Werte zu erhalten.
Ein anderes Beispiel: Um ihre Bilanzen zu schützen, plant die Mehrheit der Banken bis 2025 einen Ausstieg aus allen Engagements in Sektoren wie der Kohleindustrie, der Tabakindustrie und ökologisch kritischen Varianten des Bergbaus wie dem „Mountaintop removal mining“. Synchron sollen die Bilanzen durch eine stärkere Inklusion von erneuerbaren Energien gestärkt werden. In diesem Spannungsfeld zwischen dem Erfüllen der eigenen Nachhaltigkeitsstrategien, der EU-Taxonomieverordnung, dem Pariser-Klimaziel (Erderwärmung unter 1.5°C) und nationalen Nachhaltigkeitszielen (… wie der deutschen Klimaneutralität bis 2045 oder der österreichischen Klimaneutralität bis 2040) stellen gerade die Investitionen zwischen den Polen „Fossile Energieträger“ und „Erneuerbare Energien“ die eigentliche Herausforderung dar. Hier ist es deutlich schwieriger zu bewerten, wie klima-kompatibel die Geschäftstätigkeiten sind. Konkret gefragt: Wie „grün“ muss ein Flugzeug sein, damit dessen Finanzierung im Einklang mit der Strategie der beteiligten Banken steht und im Sekundärmarkt taxonomiekonform als nachhaltiges Finanzprodukt vermarktet werden darf? Da fehlt es bis jetzt noch an standardisierten und anerkannten Methoden, die industrieweit zur Bewertung der Paris-Kompatibilität des Engagements von Banken verwendet werden.
Das ist kein triviales Problem: Eine falsch positionierte Vermarktung als nachhaltige Anlage kann aufgrund der aktuellen regulatorischen Situation zu behördlichen Untersuchungen führen, wie jüngste Entwicklungen zeigen. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten so enorm, dass es ökonomisch extrem unklug wäre, nicht frühzeitig und kompetent an dieser Entwicklung teilzuhaben. Allein die kürzlich emittierte grüne Bundesanleihe in Deutschland zeigt, dass nicht mal ein Negativkupon in der Lage ist, Angebot und Nachfrage auszugleichen. Wir sehen das als ein positives Zeichen - schließlich geht es um nicht weniger als um die gezielte und effiziente Mobilisierung von Kapital für den richtigen Zweck.
Um in diesem dynamischen Transformationsprozess die Nase vorn zu behalten, brauchen Banken eine konsequente Operationalisierung der Nachhaltigkeitsstrategie. Aus unserer Beratungserfahrung im Sektor bringt dabei eine spezielle, interdisziplinäre Kombination von Fähigkeiten die besten und schnellsten Ergebnisse: Erfahrung in der Umsetzung von ESG-Strategien, technisches Know-how in Bezug auf CO₂-Fußabdrücke und Nachhaltigkeitsbilanzen von Assets, Expertise in den Bereichen Portfolio Management und Digitalisierung sowie viel Routine in der normkonformen Bilanzierung nach ISO 14064, 16475 sowie ESG-Assessments, besonders im Bereich Real Estate. Diese integrierten Ansätze machen Nachhaltigkeit schnell zur Standard Operating Procedure bei Finanzinstitutionen.
Konkrete Beispiele: Mit der Carbon Due Diligence (CDD) machen wir die tatsächlichen CO₂-Emissionen von Assets transparent und kalkulierbar. Darüber hinaus ermitteln wir spezifische CO₂-Reduktionsmaßnahmen. Bei Bedarf können Energie- und Klimabilanz für ein ganzes Unternehmen oder Portfolio erstellt werden. Die CDD setzt dabei das Underlying in Relation zu gesetzlichen Vorgaben und vergleichbaren Underlyings und zeigt einsparungsrelevante Reduktionsmöglichkeiten auf. Für Gebäude ist CRREM das Werkzeug, um das Stranding Risiko der Immobilie zu messen und einen Dekarbonisierungspfad (Klimafahrplan) zu zeichnen. Im Rahmen von ESG-Assessments weiten wir dann diesen Fokus und untersuchen alle Geschäftsprozesse, die in Bezug auf soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit relevant sind. Das Konzept der ESG trägt der steigenden Nachfrage nach einer umfassenderen und integrierteren Interpretation von Nachhaltigkeit Rechnung – ein Ansatz, dem wir uns als Unternehmen selbst konsequent verpflichtet haben.
Neben all diesen technischen Aspekten hat diese Transformation für uns durchaus auch eine emotionale Seite: Uns als Nachhaltigkeitsberatern für Finanzdienstleistern macht es großen Spaß, mit Akteuren in der Branche zusammenzuarbeiten, die genauso motiviert sind wie wir. Wir arbeiten gemeinsam an der Lösung eines Menschheitsproblems und es tut gut zu sehen, dass erfolgreiches Business, gesellschaftliche Verantwortung und Daseinsvorsorge sich nicht ausschließen müssen. Ganz im Gegenteil …