Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind persistente, teilweise bioakkumulative und toxische Verbindungen, die in vielen Verbrauchs- und Industrieprodukten enthalten sind. Ihre Emittierung in die Umgebung birgt erhebliche gesundheitliche Risiken. Dies führt zunehmend zu Untersuchungs- und Sanierungserfordernissen, z. B. auf Flughäfen oder Industriestandorten.
PFAS erweisen sich aufgrund ihrer Eigenschaften in vielen Industriebereichen als funktionale Alleskönner. Sie sind in einer Vielzahl von Produkten und industriellen Prozessen zu finden. Beispielsweise werden PFAS zur Herstellung fett- und wasserabweisender Oberflächen (Textilien, Leder, Papier), in Reinigungsmitteln, Lacken und Farben sowie in der Galvanik- und Fotoindustrie eingesetzt. Von besonderer Bedeutung sind PFAS aufgrund ihrer thermischen Stabilität in Feuerlöschschäumen, welche dann als sogenannte Aqueous Foam Forming Fluids (AFFF) bezeichnet werden.
Kontroverser Alleskönner
Die speziellen Eigenschaften dieser organischen Kohlenstoff-Fluor-Verbindungen resultieren im Wesentlichen aus deren chemischen Struktur: Die Wasserstoffatome einer Kohlenstoffkette sind hier vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert) durch Fluoratome substituiert. Zwischen C und F Atomen besteht eine hohe Bindungsenergie. Das macht sie zu organischen Verbindungen, die biologisch, chemisch und thermisch außerordentlich stabil (persistent), zudem wasser- und fettabweisend sowie teilweise oberflächenaktiv sind. Doch genau das, was sie für ihre Anwendungsbreite prädestiniert, führt mittlerweile zu erheblichen Umweltproblemen und damit zu kontroversen Diskussionen über ihren weiteren Einsatz. PFAS werden über deren gesamten Lebenszyklus, d.h. von ihrer Herstellung, ihrer Verwendung in den unterschiedlichsten Anwendungsprodukten, bis hin zu deren Entsorgung über verschiedene Eintragungspfade in die Umgebung (Luft, Boden, Gewässer) emittiert. Darüber gelangen sie schließlich auch in die Nahrungskette. Hier können sie für alle Lebewesen aufgrund ihrer Bioakkumulation und Toxizität zu einer gesundheitlichen Gefahr werden. Nicht nur langkettige PFAS zählen daher laut der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zu den besonders besorgniserregenden Stoffen. Auch die mittlerweile oft alternativ eingesetzten, kürzerkettigen Varianten stehen inzwischen immer mehr im Fokus.
Immense Schadensbilanzen
Welche Brisanz das Thema PFAS entwickeln kann, zeigen zurückliegende Schadensfälle. Wie der Fall in Arnsberg/NRW: Von 2003 bis 2008 wurden durch ca. 5.000 t Dünger, die mit PFAS-haltigen Industrieschlämmen versetzt waren, Ackerboden mit PFAS kontaminiert. Über Regenwasser sickerte PFAS aus dem kontaminierten Boden ins Grundwasser. Im Mai 2006 wurden erhöhte Konzentrationen von PFAS in der Ruhr und Möhnetalsperre gemessen, Eine Studie der Ruhr Universität Bochum belegte, dass sich über das Trinkwasser PFAS im menschlichen Organismus anreicherten. Zur Sanierung wurde eine Aktivkohlefilteranlage zur Reinigung des versickernden und auf einer Zwischenschicht abfließenden Oberflächenwassers installiert (Quelle).
Neben derartigen Ablagerungen von PFAS-belasteten Abfällen zählen auch Löschschäume zu den Verursachern von Grundwasserschadensfällen. AFFF – filmbildende Schaummittel, die in früheren Zeiten oft die Komponenten PFOS (Perfluoroktansulfonsäure) und PFOA (Perfluoroktansäure) enthielten – waren für eine effektive Brandbekämpfung insbesondere auf Flughäfen und in Raffinerien über lange Zeit die optimale Lösung. Doch auch hier besteht mit dem Einsatz perfluorierter Brandschutzmittel die Gefahr, dass gesundheitsgefährdendes Löschwasser in das Grundwasser sickert. Rund 8,5 km² im Düsseldorfer Norden wurden 2005 nach Löscharbeiten an einem brennenden Jet mit perfluorierten Substanzen verseucht. Diese waren im Löschschaum der Airport-Feuerwehr enthalten (Quelle). Seit 2016 sorgen drei PFAS-Grundwassersanierungsanlagen auf dem Gelände des Düsseldorfer Airports dafür, dass von dessen Gelände kein PFAS-belastetes Grundwasser mehr abströmt (Quelle).
Fokus Altlastensanierung
Die Verwendung von PFOS ist bis auf wenige Ausnahmen innerhalb der EU seit 2008 verboten. Für PFOA werden innerhalb der EU ab 2020 entsprechende Gesetzesregelungen in Kraft treten. Neben diesen gesetzlichen Regelungen ist die genaue Betrachtung historischer Schäden, die insbesondere als Altlasten aus dem bisherigen Einsatz von AFFF-Produkten resultieren, weiterhin eine dringend notwendige Maßnahme zur Reduzierung von PFAS-Emissionen. Eine frühzeitige Erkundung und Risikobewertung sind bei den Altlastenerkundungen ebenso wichtig wie die zügige Umsetzung geeigneter Sanierungsmaßnahmen. Dadurch wird es möglich, eine weitere Ausbreitung der Schadstoffe und die daraus oftmals folgende Beeinträchtigung der Trinkwassergewinnung zu verhindern. Schließlich lassen sich damit auch die Sanierungskosten minimieren. Zu beachten ist dabei, dass es bei einer routinemäßigen Analyse des Rohwassers auf PFAS nur mit den gängigen genormten Verfahren zu einer Unterschätzung des Gefährdungspotentials kommen kann. Eine umfassende Beurteilung erlaubt erst die TOP Analytik (Total Oxidizable Precursor).
Für die Sanierung belasteter Bereiche stehen momentan als erprobte Verfahren die Förderung und Reinigung des kontaminierten Grundwassers über Aktivkohle (Pump-and-Treat-Verfahren) oder der Bodenaustausch zur Auswahl. In der jüngsten Vergangenheit wurden vor allem in Australien einige neue Verfahren bis zur Anwendungsreife entwickelt, die von der Idee her vielversprechend sind. Eine unabhängige Validierung steht jedoch noch aus.
Feuerwehr: AFFF, PFAS, PFOS & Co. - Lesen Sie jetzt den Fachbeitrag von Dr. Karl Noé und Dr. Thomas Held über fluorhaltige Löschschäume.